Datum: 30. November 2011
Ort: Theater Ticino – Wädenswil
Geschrieben von: Cyril Schicker
Im Gespräch mit: Pigor & Eichhorn mit Band
Pigor und Eichhorn, das Kleinkunstwunder, haben nun eine Band um sich geschart und im Handumdrehen der Schweiz den Kopf verdreht. Selbst das ausverkaufte Theater Ticino als solches kringelte sich vor Lachen. Wände bebten, Tränenwasser floss, Mägen verkrampften sich und Hände klatschten als ginge es um Leben und Tod. Das Leben obsiegte und so liess es sich Pigor nicht nehmen, gemeinsam mit Art-Noir einen abstrusen Verbalstrick zu knüpfen. Dieser schlängelt sich geschickt durch bestehende Lyrics.
Cyril: Thomas, du wachst des Nachts als kleiner Junge auf und stellst fest, dass du mausbeinalleine bist. Deine Mutter tingelt tanzend durch die Clubs. Was machst du?
Thomas: Ich mach mir einen Martini Dry mit Knabbergebäck, schalte den Fernseher an und sehe mir eine dieser Talk Shows an, wo sich die Moderatoren gegenseitig einladen …
Cyril: Der einzige wahre Freund, der dir in dieser Situation noch bleibt, das ist dein (Fisher-Price-)Computer. Wie gehst du mit dieser Situation, diesem Fakt um?
Thomas: Ach so, ich habe so ein Kleinteil. Na, dann eine Kleinanzeige bei ebay aufgeben. Ich bin für 99 Euro die Nacht zu haben. Vielleicht geht ja noch was.
Cyril: Dein heimlicher Schulschatz hat leider bereits einen Freund, den finden allerdings alle doof. Was also tun, wenn’s – quasi – brennt?
Thomas: Was soll man schon tun? Warten, warten und nochmals warten. Derweil die Schultoilette mit Schweinereien vollschmieren. In der Pubertät sind Schulfreundschaften mitunter von kurzer Dauer.
Cyril: Ok, du hättest noch zwei andere Freunde, nämlich deine Grosseltern. Sie aber haben sich nicht nur aus den Alltagsklamotten geschält und sind in kakifarbene Kleider geschlüpft, sondern geben sich auch noch dem tropischen Urlaub hin. Grund zum Weinen?
Thomas: Allerdings. Eine Sauerei! Und dann kommen sie zurück und sehen dass ich flenn´ und fragen: „Was haste denn, was is’n los, hm?“ Sie weiter: „Sagdomma, sagdomma, sagdomma!?“ Ich glaube, ich sollte mir wohl gleich wieder einen Martini Dry genehmigen.
Cyril: Mutter Helvetia schickt ihre Zöglinge samt und sonders ins nächstbeste Heim (Exil!), sofern sie merkt, dass einer von ihnen dem Schwizerdüütsch nicht mächtig ist. Stummwerden nützt natürlich nichts. Wie gewinnst du ihre Gunst?
Thomas: Ich lass sie mal an meiner Zigarette ziehen.
Cyril: Olfaktorischen Einflüssen kann man sich kaum mehr entziehen. Hast du dir angesichts dessen schon überlegt, die Flinte ins Korn zu werfen und mit einer Parfümverkäuferin anzubandeln?
Thomas: Klar, aber sie muss 45 sein.
Cyril: Die Schweizer „haben“ Abt Martin Werlen, die Deutschen „haben“ Martin Heidegger. Wie sähe wohl das personifizierte Hybrid Abt Martin Heidegger aus?
Thomas: Ein absoluter Heuler mit einem Minderwertigkeitskomplex, den er nach aussen kompensieren muss.
Cyril: Gladiatoren, Moderatoren und Alligatoren haben zumindest aus Sicht der Phonetik etwas von Diktatoren. Müsstest du dir einen Diktator selber basteln, woraus bestünde dieser?
Thomas: Tränensäcke unter den Augen, Fluidum und riecht nach Schäferhund.
Cyril: Nun wieder auf die Phonetik gepfiffen. Du habest dich in der Zeit (d-)eines Wimpernschlags dafür entschieden, für nur einen Abend ins schnieke Theater Ticino (Wädenswil) zu kommen. Entweder ist dein Wimpernschlag unterentwickelt und langsam oder aber die Kulturoase am linken Zürichsee-Ufer hat es dir stark angetan. Hm?
Thomas: Die Wahrheit ist: Es geht nur um Sex. Und was tut man nicht für ein bisschen Ekstase?
Cyril: Für jene, die dich respektive deine Sexyness (oder ist es Geilheit?) verpasst haben, dürfte der weltliche Haussegen nicht so ganz schief liegen. Das liegt daran, dass man dich sicher auch in nächster Zeit noch sehen kann. Wann und wo?
Thomas: In der Megametropole Berlin im Januar – während satten drei Wochen. Bar jeder Vernunft, ich sag’s dir.
Cyril: Zuerst gab es Pigor und Eichhorn, dann kam Ulf dazu, nun tingelt ihr mit einer Band (Jo, Jan, Björn) durch die Landen. Was darf man von euch in mehr oder minder nahen Zukunft noch erwarten? Modernisiert ihr womöglich Noahs Arche?
Thomas: Genau. Über Überschwemmungen zu lachen, ist die einzig richtige Antwort. Doch worauf? Auf den Klimawandel?
Cyril: Nun, moderner Noah, das Interviewende naht. Willst du noch etwas anfügen, gar eine Gegenfrage stellen? Was brennt dir unter den Fingernägeln?
Thomas: Ja gerne. Warum sagt ihr „Staubsuuger“ und nicht „Stubsauger“, wenn ihr damit doch eure Stuben saugt?
Abschlussanmerkung d. Red.: Weil hierzulande Logopäden Orthopäden sind. Ganz simpel – und dennoch sieht man Leute, die sind nicht nur eitel von der Scheitel bis zur Sohle, nein, die machen tatsächlich einen Schuh draus.