Munich Warehouse / VÖ: 27. Oktober 2023 / Metalcore
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Text: David Spring
Es ist nie einfach, einen Neubeginn zu wagen. Die Mitglieder der Münchner Band Wait Of The World machen schon lange zusammen Musik, doch das neuste Werk «IDK» stellt die Zeiger auf null. Irgendwo zwischen Pop-Punk und Metalcore zu Hause versuchen die Jungs, jegliche Genre-Grenzen hinter sich zu lassen, um etwas Eigenes zu schaffen. Ein Wagnis, das nur bedingt aufgeht.
Der Opener «Heaven» begeht gleich die Kardinalsünde, das poppigste und melodiöseste Lied an den Anfang zu stellen. Der Song, der bereits als Single veröffentlicht wurde, vermag leider nicht wirklich zu überzeugen. Fette Gitarren vermischt mit poppigen Melodien gibt es schon oft, eine wirkliche Neuerung ist das kaum. Zum Glück wird die Platte danach deutlich besser und Wait Of The World haben durchaus einiges in petto. Zuvor muss aber noch «Kids» erwähnt werden, der wohl schlimmste Verbrecher, was Autotune, TikTok-Pop und diese ausgelutschte Gentrifizierung des Metalcores anbelangt. Damit nun aber genüg Genöle.
Wie erwähnt, Wait Of The World können auch anders. «IDK», der Titeltrack, ist ein von einem Synth getragenes, fettes Brett. Mit kreativem Gesang und völlig unerwarteter Instrumentierung rockt der Song hart, obwohl kaum Gitarren vorkommen. «I’m Sick» ist astreiner, moderner Metalcore, der mit zweistimmigem Gesang, coolen Breakdowns und fettem Sound an Bring Me The Horizon oder Enter Shikari erinnert, «Scared Of Heights» wiederum ist etwas sanfter und vermischt Pop Melodien mit coolen, kreativen Riffs. Die Tracks «ADHD» und «Lies» sind das Highlight der Platte. Hier kommen sämtliche Elemente, die den Sound der Band auszeichnen, beeindruckend zusammen– von heftigen Riffs bis hin zu Synth-lastigen, verkopften Sprechparts.
Ebenfalls positiv zu erwähnen ist die beeindruckende Stimme von Sänger Ben Hutchinson-Bird. Vor allem sein wundervoller britischer Akzent ist äusserst charismatisch. Zwar hätte man sich bei einer Band aus München vielleicht auch sympathisches bayrisches Bauern-Englisch erhofft, aber sind wir ehrlich, der wundervolle britische Akzent des Frontmanns ist allemal angenehmer auf den Ohren. Über den häufigen Einsatz der vielen Stimm-Effekte und massig Autotune lässt sich sicherlich streiten, doch auch so liefert der junge Herr heftig ab.
Am Ende des Tages macht «IDK» sehr vieles richtig. Wait Of The World haben verdammt kreative Ideen und wissen diese umzusetzen. Gleichzeitig sind einige der Songs einfach zu poppig und glattpoliert, es fehlen die Ecken und Kanten, welche die Band sonst sehr gekonnt einsetzt. So ist die Platte vielleicht noch nicht ganz die erhoffte Neuerfindung, sondern erst der erste grosse und auf jeden Fall vielversprechende Schritt in die richtige Richtung. Von diesen neuen Wait Of The World dürfen wir bestimmt noch Einiges erwarten.