Muse + Royal Blood + Emilie Zoé
Bernexpo – Bern
Mittwoch, 12. Juli 2023
Text: David Spring / Bilder: Nicole Imhof
Was gibt es schöneres, als in strömendem Regen auf einem Feld zu stehen, umgeben von Tausenden von Menschen, die alle eine der nach wie vor besten Live-Bands aller Zeiten abfeiern? Dass fantastische Songs, laute Musik und eine hervorragende Show auch das schlimmste Wetter wettmachen, bewiesen die britischen Kultrocker von Muse eindrucksvoll, als sie am diesen Mittwoch die Berner Allmend in Ekstase versetzen.
Als spontanen Ersatz für den kurzfristig ausgefallenen Support One Ok Rock aus Japan, sprang niemand geringeres als unsere Lokalmatadorin Emilie Zoé ein. Die talentierte Lausannerin überzeugte mit ihrer durchgedrehten Show, auch wenn die Intensität und Emotionen ihrer Songs in einem verschwitzten Club normalerweise besser zur Geltung kommen, als auf der riesigen Bernexpo-Bühne. Beeindruckend war das kurze Set trotzdem, Von intimen Chansons mit der akustischen Gitarre, bis zu wildem, abgedrehtem Rock war alles dabei. So wie man es von dieser Ausnahmekünstlerin kennt und liebt. Immer wieder schön, solch ein Talent in unserem kleinen Land zu wissen.
Weiter ging es mit Royal Blood, die mit «Out Of The Black» und «Come On Over» gleich einen Hit nach dem anderen abfeuerten. Die beiden Briten, die vor allem für ihren wahnwitzigen, gitarrenfreien Sound bekannt sind, hielten nichts zurück. Das bisher zum Glück noch mehrheitlich trocken gebliebene Publikum taute mit jedem Song mehr auf. Royal Blood machten es einem mit ihrem fett groovenden und rockenden Sound nicht einfach, still stehenzubleiben. Songs wie die aktuelle Single «Mountains At Midnight» oder das unsterbliche «Little Monster» gingen heftig ab. Und mit dem finalen «Figure It Out» war der Abriss komplett. Was für eine faszinierende Band.
Es folgte ein überraschend langer Umbau. Die Spannung und Vorfreude stiegen und gerade als sich Muse zum Intro von «Will Of The People» auf die Bühne gesellten, passierte das, was alle, die schon den ganzen Tag den Wetterbericht verfolgten, befürchtet hatten: der Himmel öffnete sich und es begann wie aus Eimern zu regnen. Wir blieben zwar von Hagel und Sturm weitestgehend verschont, nicht wie die armen Leute am Gurten-Festival, aber trocken blieb niemand. Ganz davon angespornt gaben Muse alles. Bereits im zweiten Song, dem fantastischen «Hysteria», stellte sich Bassist Chris Wolstenholme auf dem weit ins Publikum reichenden Ausläufer mitten in den Regen, um das legendäre Bassriff zu spielen – was für ein glorreicher Anblick. Mit «Psycho» ging es richtig heftig und laut weiter, doch das erste Highlight des Abends folgte in Form des schon etwas älteren Übersongs «Bliss».
Muse bewiesen, trotz der nicht mehr ganz so überzeugenden letzten Alben, dass sie live einfach unschlagbar sind. Die ursprünglich relativ schlicht gehaltene Bühne wandelte sich laufend, als irgendwann hinter Schlagzeuger Dominic Howard eine bebildschirmte Maske sowie eine bedrohliche Hand auftauchten, die fortan über der Band lauerten. Dazu gab es Laser, Videoeffekte, Konfettischlangen und, für Muse eher untypisch, unglaublich viele Pyro-Effekte. Wahnsinn, was hier abgeliefert wurde. Passend zu diesem Augenschmaus war auch der Sound (auf den Sitzrängen) eine Freude. Erstaunlich laut, druckvoll und glasklar klangen die grossartigen Songs, die munter durch das ganze Schaffenswerk der Band führten, aus den Boxen.
Die neueren Stücke wie «You Make Me Feel Like It’s Halloween», «Compliance», «Thought Contagion» und vor allem das grossartig bekloppte «We Are Fucking Fucked» klangen live um einiges besser, als auf Platte. Die alten Hits wie «Supermassive Black Hole», «Time Is Running Out» und das fantastische «Plug In Baby» überzeugten natürlich erst recht. Es gibt nichts Besseres, als wenn 30’000 Menschen diese unsterblichen Lieder laut mitsingen. Der Regen beruhigte sich derweil ein bisschen, allerdings nur, um uns in falscher Sicherheit wähnen zu lassen und dann nochmals alle Schleusen zu öffnen. Doch spielte dies irgendwann keine Rolle mehr, zu schön war die Show. Als sich Mastermind Matt Bellamy irgendwann mit einem futuristischen Handschuh, auf welchem eine Art Mini-Synthesizer angebracht war, mitten in die Leute stellte und darauf die ersten Töne zu «Uprising» spielte, gab es kein Halten mehr. Es ist immer wieder beeindruckend, wie episch die Songs dieser Band sind und wie kreativ Muse auch altbackene Hits immer mal wieder neu gestalten.
Das obligate «Starlight» machte den fulminanten Abschluss, doch natürlich fehlte noch der absolute Überhit schlechthin. Bevor uns dieser gegönnt war, wurde es aber erst nochmals richtig heavy: «Kill Or Be Killed» ist vielleicht nicht das filigranste aller Muse-Stücke, aber bestimmt eines der härtesten. Passend dazu der riesige Teufel, der nun die gesamte Bühne überragte. Doch dann war es endlich so weit: Chris stellte sich abermals ganz nach vorne, Mundharmonika im Anschlag, um zum legendären Intro von «Knights Of Cydonia» anzustimmen. Und so folgten nochmals sechs der besten Minuten, die man an einem Live-Konzert erleben kann – der Song ist ein purer musikalischer Orgasmus. Muse sind nach wie vor eine Macht. Mit einer unfassbaren Bühnenshow, spürbarer Spielfreude, unendlich viel Talent und ein paar der besten Rock-Songs aller Zeiten, war es eine unvergleichliche Freude. So spielte es auch keine Rolle mehr, dass wir alle klitschnass den Nachhauseweg antreten mussten. Nach einem solchen Konzert war es wohl allen warm ums Herz.
Setlist [Quelle: Setlist.fm]
- Will of the People
- Interlude
- Hysteria
- Psycho
- Bliss
- Resistance
- Won’t Stand Down
- Compliance
- Thought Contagion
- Verona
- Time Is Running Out
- The 2nd Law: Isolated System
- Undisclosed Desires
- You Make Me Feel Like It’s Halloween
- Madness
- We Are Fucking Fucked
- The Dark Side (Alternate Reality Version)
- Supermassive Black Hole
- Plug In Baby
- Behold, The Glove
- Uprising
- Prelude
- Starlight
Zugaben
- Kill Or Be Killed
- Knights Of Cydonia