Loose Groove Records / VÖ: 2. Juni 2023 / Alternative Rock
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Text: David Spring
Was haben Led Zeppelin, Sonic Youth, Slipknot und Chopin gemeinsam? Genau, nicht viel. Ausser der Tatsache, dass sie alle das Songwriting der britischen Rock-Formation Tigercub beeinflussen. Das mag vielleicht etwas merkwürdig oder gar grosskotzig anmuten, doch hört man sich die neuste Platte «The Perfume Of Decay» des Trios aus Brighton an, macht es plötzlich Sinn.
Der Opener und Titeltrack hangelt sich zerstörerisch mit einem völlig bizarren und verstörenden Gitarrenlauf zum Fenster herein, bevor die intime, sanfte Stimme von Sänger, Gitarrist und Mastermind Jamie Hall uns vollends verwirrt. Dabei wirkt alles völlig natürlich. Die Gitarre haut ein ultrahartes Riff raus, der verzerrte Bass und die gnadenlosen Drums rocken unentwegt nach vorne und der Gesang bleibt dabei kurioserweise melodiös und gespenstisch. «Show Me My Maker» dann ist heavy, groovend, verhalten und verspielt. Die besten Tage von Royal Blood kommen mir immer wieder in Erinnerung, genauso wie die frühen, durchgeknallten Rocksongs der mittlerweile etwas implodierten Muse. Tigercub klingen nach Südengland, wie schon lange keine Band mehr.
Dass «The Perfume Of Decay» bereits das dritte Album von Tigercub ist bezeugt, dass die Drei wissen, wo ihr Weg hinzuführen hat. Es wird auf sämtlichen Stärken der Vorgängerplatten aufgebaut, vor allem dem Spiel zwischen laut und leise. Denn so rabiat und ungehobelt die Platte manchmal ist, so verspielt, kreativ und frohgemut ist sie. «Swoon» erinnert komischerweise an Eminems «Cleaning Out My Closet», zumindest bis der übergrosse Refrain reinhaut. «We’re A Long Time Gone» wiederum klingt wie eine depressive B-Seite der Beatles und das fantastische «Shadowgraph» vermischt die gelegentlich verspielte Leichtigkeit der Queens Of The Stone Age mit der vernichtenden Riff-Gewalt der eingangs erwähnten Slipknot. Unglaublich.
Dieses Review erwähnt haufenweise Vergleiche mit anderen Bands. Und tatsächlich gelingt es Tigercub all diese Einflüsse und Inspirationen – ja, auch Chopin – zu ihrem ganz eigenen, unvergleichlichen Sound zusammenzubringen. «The Perfume Of Decay» ist düster, brutal und heftig. Gleichzeitig aber auch verspielt, locker und erhaben. Es ist moderne Rock-Musik, wie sie heute klingen muss. Eigenständig, eigenwillig und vor allem unverschämt eingängig. Tigercub machen auf ihrem dritten Werk wirklich alles richtig. Der Rock-Olymp rückt immer näher.