Dynamo – Zürich
Sonntag, 2. April 2023
Text: David Spring / Bilder: Berend Stettler
Ah, Sonntag-Abend im Dynamo – gute, laute Musik, muntere Menschen in Feierlaune und dann noch die wundervollen Pascow auf der Bühne! Was gibt es denn Schöneres? Mit ihrem vorzüglichen neuen Album «Sieben» und einem bunten Reigen Hits und Song-Perlen im Gepäck, war eine ausgelassene Punkrockparty vorprogrammiert. Die Stimmung in den heiligen Zürcher Hallen war frohgemut, das Dynamo von Beginn an ordentlich gut gefüllt, die Zeichen standen bestens.
Mit Mobina Galore war eine hochkarätige Vorgruppe dabei. Das hervorragende Punk-Duo aus Winnipeg in Kanada legte ohne Umschweife los. Immer wieder eine Freude, was die beiden für einen geilen, druckvollen Sound nur mit Gitarre, Schlagzeug und Gesang hinkriegen. Insbesondere der konsequent zweistimmige Gesang verlieh den Songs viel Abwechslung und Fülle. Während Drummerin Marcia Hanson mehrheitlich für die cleanen Harmonien zuständig war, schrie sich Gitarristin Jenna Priestner förmlich die Seele aus dem Leib. Wahnsinn, was sie ihrer Stimme abverlangte.
Die Leute im Dynamo waren zwar noch etwas zurückhaltend, doch gab es für die grossartigen Punksongs ordentlich Jubel und Applaus. Mobina Galore boten uns eine vorzügliche, energiegeladene Show. Songs wie das sehnsüchtige «California», das rasante «Escape Plan» oder das intime und schmerzhafte «Oh Irene» überzeugten und heizten das Publikum bestens auf. Ansagen waren auf das nötigste reduziert, dafür bedankten sich die beiden gutgelaunt für den warmen Empfang und die tolle Stimmung. Nach rund 40 Minuten war der Spass bereits vorbei und wir durften uns als gerockt betrachten.
Nach einem zackigen Umbau war es dann so weit und Pascow betraten grinsend die Dynamo-Bühne. «Himmelhunde», der Album-Opener der neuen Platte, machte auch live den Start und wie kaum anders zu erwarten, drehten alle gleich einmal komplett durch. Das Publikum war erstaunlich textsicher, obwohl das neue Album erst seit zwei Monaten am Start ist und Pascow wahrlich keine simplen Texte schreiben, doch es wurde jedes Wort lauthals mitgesungen. Das vorzügliche «Jade» und der uralte Punkkracher «Die Realität ist schuld, dass ich so bin» trieben das Energielevel weiter und weiter in die Höhe. Vor der Bühne war die Hölle heiss, der Pogopit reichte bis zum Mischpult und alle drehten durch, doch auch auf der Bühne wurde absolut alles gegeben.
Pascow zeigten sich als vortreffliche Entertainer, vor allem Sänger/Gitarrist Alex und Drummer Ollo lieferten sich muntere Wortgefechte und stachelten sich gegenseitig an. Als ob die Band nicht schon sympathisch und nahbar genug wäre… Bei mehreren Songs gab es ausserdem Verstärkung am Gesang durch Clara, die ihre wandelbare, laute Stimme gleich mehreren Songs verlieh. Ihre Glanzstunde kam bei dem akustischen «Wunderkind», dass sie ganz alleine mit der Akustik-Gitarre bestritt und dabei für den einen oder anderen Gänsehautmoment sorgte. Diese kleine Ballade war allerdings die einzige Verschnaufpause. Mit rasanten Hits wie «Merkel-Jugend», «Äthiopien die Bombe» oder «Silberblick & Scherenhände», aber auch vielen der wunderbaren neuen Songs, zum Beispiel das grossartige «Mailand» oder mein persönlicher Favorit «Vierzehn Colakracher», wurde uns alles abverlangt.
Es war faszinierend zu sehen, mit was für unglaublicher Energie die Band auf der Bühne abging. Dabei ging trotz der mehrheitlich ziemlich ernsten und politischen Songs auch der Humor nie verloren. Witzig war, als Ollo und Gitarrist Swen den Einstieg «Gottes Werk und Teufels Beitrag» komplett vergeigten. Nach knapp anderthalb Stunden war mit dem grandiosen «Too doof Too Fuck» das Ende erreicht. Als Zugaben gab es neben «Von unten nichts Neues» und dem abschliessenden «Trampen nach Norden» auch noch zwei tolle Cover-Versionen: «Spraypaint the Walls» von Cüntsler und vor allem das geniale «White People for Peace» von Against Me!. Was für ein Hit, was für ein Abschluss.
Pascow legten an diesem lauen Sonntagabend eine fantastische Show hin. Mit unbändiger Energie, wunderbaren Songs, viel Herz für die Sache und einem grossartigen Publikum war es ein Konzertabend für die Geschichtsbücher. Mobina Galore waren ebenfalls unschlagbar und es ist jedes Mal wieder eine grosse Freude, mit den beiden Kanadierinnen abzufeiern. Das Dynamo wurde gerockt, den Montag werden wahrscheinlich noch so einige mit rauschendem Schädel und schmerzenden Knochen antreten. Denn es gilt schliesslich noch immer: «Diene der Party!»
Setlist [Quelle: Setlist.fm]
- Himmelhunde
- Jade
- Die Realität ist schuld, dass ich so bin
- Königreiche im Winter
- Wenn Mila schläft
- Monde
- Diene der Party
- Herz
- Merkel-Jugend
- Daniel & Hermes
- Im Raumanzug
- Kriegerin
- Mailand
- Castle Rock
- Äthiopien die Bombe
- Vierzehn Colakracher
- Paris fällt
- Wunderkind
- Mond über Moskau
- Gottes Werk und Teufels Beitrag
- Silberblick & Scherenhände
- Too doof Too Fuck
Zugaben
- Von unten nichts Neues
- White People For Peace
- Spraypaint the Walls
- Trampen nach Norden