Kofmehl – Solothurn
Freitag, 17. Februar 2023
Text: David Spring
Endlich mal wieder Punkrock im Kofmehl! Letzten Freitag spielten die grossartigen ZSK mit ihrem neuen Album „Hass↯Liebe“ im Gepäck in den ehrwürdigen Solothurner Hallen auf. Mit unglaublich viel Energie und Spielfreude, fantastischen Songs und grandiosen Support-Acts, war es eine Party sondergleichen. Der Morgen danach brachte wohl nicht nur mir einen etwas wummrigen Schädel.
Den Start machten Tyna aus Hamburg. Die farbenfrohe Truppe war zum allerersten Mal in der Schweiz. Die fünf Musiker:innen gesellten sich zu einem epischen Intro-Tape («Kein Mensch Muss Nazi Sein») auf die Bühne und legten ohne Umschweife los. Neben der unbändigen Energie, die hier von den ersten Tönen weg an den Tag gelegt wurden, fiel vor allem das punkigste aller Instrumente auf: die Keytar! Was für Legenden; diese tasten-bestückte Ausgeburt der 80er Jahre in modernen, schnellen Punkrock einzubauen, ist einfach wundervoll. Das Kofmehl war zu Beginn noch spärlich gefüllt, doch die Leute strömten bald rein und es kam entsprechend Bewegung auf. Mit «Wir Haben Platz» war viel zu bald das Ende erreicht, dem explosiven Mix aus aufmüpfigem Punk, durchdrehten Synthies, gelegentlichem Sprechgesang und wunderschöner queer-feministischer Energie ging voll auf für mich. Ich freue mich jetzt schon drauf, Tyna hoffentlich bald wieder live in unseren Gefilden erleben zu dürfen.
In der relativ kurzen Umbaupause füllte sich der Rostwürfel plötzlich um ein Mehrfaches und als Zebrahead die Bühne betraten, war schnell klar, dass es heute eng, wild und schwitzig wird. Die fünf Amis bretterten mit «When Both Sides Suck, We’re All Winners» volle Kanne los, hier wurden keine Gefangenen gemacht. Der Sound war fett und heftig, entsprechend drehten die Leute durch. Mir gefällt die Band ja am besten, wenn sie ihre Metal-Affinität offen zur Schau tragen und so richtig abdrücken. Der opulent beschnauzbarte Gitarrist Dan Palmer stellte seine beachtlichen Shredding-Skills mehrfach zur Schau und stahl wie immer die Show. Mit Hits wie «Falling Apart», «Hell Yeah!» oder «Mike Dexter Is A God, Mike Dexter Is A Role Model, Mike Dexter Is An Asshole» hatten sie die Leute fest im Griff. Und da wie bei den meisten Ami-Bands vor allem Party machen das oberste Gebot ist, gab es zu «All My Friends Are Nobodies» dann auch noch ein auf einer aufblasbaren Wassermelone crowd-surfendes Skelett. Was für eine Show, Zebrahead überzeugen halt einfach immer wieder.
Doch dann war es endlich so weit und ZSK enterten gutgelaunt unter viel Jubel die Bühne. Wie nicht anders zu erwarten, rockten Joshi und seine Jungs gleich mal Vollgas drauf los. Die Skatepunks aus Berlin feiern ja nicht nur ihr fantastisches neues Album, das gerade auf Platz vier der Deutschen Albumcharts einstieg, sondern auch 25 Jahre Bestehen. Ein entsprechend bunter Mix an Songs aus der ganzen illustren Karriere wurde zum Besten gegeben. Ein alter Schunken wie «Küss Die Faschisten» brachte natürlich alle zum Durchdrehen, aber auch neue Songs wie das heftige «Hassliebe» oder das fast schon poppige «Und Ich Höre Dich Atmen» wurden mächtig abgefeiert.
Natürlich dürfen bei ZSK die politischen Hymnen nicht fehlen. «Kein Mensch Ist Illegal», «Riot Radio», «Herz Für Die Sache» und eines ihrer besten Stücke überhaupt, «Make Racists Afraid Again», führten nicht nur zu wilden Pogo-Pits, sondern auch zu diesem wundervollen Gefühl, Teil von etwas Grösserem zu sein und nicht alleine gegen all die Ungerechtigkeiten und den ganzen Hass ankämpfen zu müssen. ZSK verbindet. Die Band hat die ultimativen Lieder für eine bessre Zukunft, den perfekten Mix aus zielgerichteter Wut und Frustration und kämpferischer Hoffnung. Natürlich darf es ab und zu aber auch etwas weniger ernst sein, dies belegte der ultimative Party-Song „Die Besten Lieder“. Die Setlist war grandios zusammengestellt und machte enorm Laune. Meine einzige Kritik war, dass doch tatsächlich das fantastische WIZO-Cover «Raum Der Zeit» gegen Pennywises etwas zu oft gehörtes «Bro Hymn» ausgetauscht wurde, sehr traurig.
Doch auch so war es ein wundervolles Konzert und ZSK bewiesen einmal mehr, dass sie problemlos zu einer der wichtigsten und besten Bands Deutschlands gehören. Mit einem akustischen «Jede Sekunde», der Hardcore-Hymne «Keine Angst» und schlussendlich dem legendären und fantastischen «Antifascista» ging die Show zu Ende. Das Kofmehl war von vorne bis hinten durchgerockt, glücklich strahlende Punks und nassgeschwitzte Fans strömten nach draussen. Was für wunderbare Bands, was für eine geile Show! Tyna machten sofort Bock auf mehr, Zebrahead brachten die Stimmung zum kochen und ZSK sind einfach die Besten. Kommt bald wieder!
Setlist [Quelle: Setlist.fm]
- Darwin
- Hallo Hoffnung
- Küsst Die Faschisten
- Wenn So Viele Schweigen
- Hassliebe
- Es Wird Zeit
- Hamburg 2017
- Punkverrat
- Kein Mensch Ist Illegal
- Ende Der Welt
- Die Kids Sind Okay
- Es Müsste Immer Musik Da Sein
- Und Ich Höre Dich Atmen
- Riot Radio
- Make Racists Afraid Again
- Unzerstörbar
- Herz Für Die Sache
- Die Besten Lieder
- Mach’s Gut
- Neuanfang
- The Passenger (Iggy Pop Cover)
- Alle Meine Freunde
- Bro Hymn (Pennywise Cover)
- Himmel
Zugaben
- Jede Sekunde
- Keine Angst
- Antifascista