Inside Out Music / VÖ: 17. Juni 2022 / Progressive Metal
charliegriffiths.com
Text: David Spring
Es gehört zum guten Ton eines Prog-Gitarristen, irgendwann in der Karriere ein Solo-Album zu veröffentlichen. Oft handelt es sich bei einem solchen Œuvre um schier unhörbares Griffbrett-Gewichse, da die Fähigkeiten alleinig besser zur Schau gestellt werden können. Doch zum Glück geht es auch anders: „Tiktaalika“, das Debütwerk von Haken-Saitenhexer Charlie Griffiths, ist ein waschechtes, ernstzunehmendes Metal-Album.
Nach dem instrumentalen Intro geht es mit „Arctic Cemetery“ in bester 90s-Thrash-Manier los. Metallica lassen grüssen, spätestens wenn Gastsänger und BTBAM-Frontmann Tommy Rogers höchstpersönlich die Vocals übernimmt. Natürlich fehlt es dem Track nicht an ausgefeilten, durchgeknallten Gitarrenparts, doch steht das Songwriting klar im Vordergrund. „Luminous Beings“ ist weniger Thrash und eher im Prog-Rock daheim, ruhig und creepy gewinnt der Song an Fahrt, bis ein doomiges Riff zum Schluss alles erdrückt.
Charlie Griffiths beweist sich als hervorragenden Songwriter. Inhaltlich baut sich das ganze Album auf komplizierten Themen wie den geologischen Zeitaltern, Fossilisation, Transformation und der Verbundenheit der Menschheit mit unserem Planeten auf. Selbstverständlich folgen die Songs musikalisch keinem 0815-Schema und lassen sich nicht im Hintergrund anhören. Das epische „In Alluvium“ erinnert an Tool und natürlich an Haken, der nicht weniger monumentale Titeltrack ist eine Prog-Metal-Tour de Force. „Crawl Walk Run“ wiederum ist ein brutales Thrash-Brett mit harschen Growls und fetten Riffs. Der unglaubliche Closer „Under Polaris“ vereint all diese Elemente zu einem kolossalen Ganzen.
„Tiktaalika“ wird bei Fans von modernem, kompliziertem, aber stets verständlichem Progressive Metal einschlagen. Das ätherische Inhaltskonzept funktioniert bestens mit den abwechslungsreichen Songs, vor allem aber wirkt das Konzept nie zu kopflastig. Etwas, was vielen Prog-Alben nicht gelingt. Charlie Griffiths ist nicht umsonst einer der angesehensten Metal-Musikern unserer Zeit, mit diesem exzellenten Werk setzt er die Messlatte für alle zukünftigen Prog-Metal-Soloalben hoch an.