Nouveau Monde – Fribourg
Montag, 20. Juni 2022
Text: David Spring
Es gibt Bands, die hört man einmal und sie lassen einen nie mehr los. So ging es mir vor vielen Jahren mit den Folk-Punks von Against Me! aus Florida. Deren unglaublich charismatische Sängerin Laura Jane Grace gehört mit zu einer der besten Frontfrauen der modernen Rockmusik. Als bekannt wurde, dass Frau Grace im Nouveau Monde in Fribourg spiele, war die Vorfreude übergross.
An einem unnötig heissen Montagabend ging es in den schnieken alten Bahnhof, wo zuerst die Jungs von Cold Years aus Schottland auftraten. Hatte ich zu meiner Schande noch nie von der überaus sympathischen Band gehört, sollte mich deren energiegeladener Auftritt von der ersten Sekunde an überzeugen. Mit reichlich Melodien, ein paar schönen Gitarrensolos und unglaublich tollen Pop-Punk-Songs konnte man trotz der Hitze nicht anders, als mitzugehen. Obwohl nur knapp 30 Leute anwesend waren, war die Band geflasht, hier auf der Bühne stehen zu dürfen. Laut Aussage des Sängers Ross Gordon ist es seit Brexit nicht mehr sicher, dass eine kleine Band überhaupt noch in Europa auf Tour fahren könne.
Cold Years waren sympathisch und ihre grossartigen Songs und die Energie heizten ordentlich ein. Danach wurde draussen frische Luft geschnappt. Laura Jane Grace ging bald schon vom Soundcheck relativ fliessend in ihren Auftritt über, ohne erst die Bühne zu verlassen, und legte gleich mit dem liebevoll betitelten „Smug Fuckface“ los. Da wenig Leute im Nouveau Monde der Hitze trotzen, war es zwischen den Songs nach dem Jubel schnell sehr ruhig, was Laura Jane Grace umgehend als Aufforderung sah, über sich hinaus zu wachsen: „Viele Künstler wären wohl ziemlich eingeschüchtert, vor einer halbleeren Halle aufzutreten, aber ich bin Masochistin, I love this shit!“
Das war nicht gelogen, denn sie gab absolut alles. Unglaublich, mit was für einer Energie und Leidenschaft sie ihre Songs ins Mikrofon brüllte. Ihre Solo-Stücke sind vom Aufbau her nicht allzu kompliziert, der Fokus lag klar auf den Texten. Die Punkrock-Energie der Songs war nur mit einer Akustikgitarre vorgetragen jederzeit spürbar. Natürlich liess Laura Jane Grace es sich nicht nehmen, das eine oder andere Stück ihrer Band Against Me! zum Besten zu geben, was jedes Mal frenetisch gefeiert wurde. „Unconditional Love“ zum Beispiel, oder das fantastische „Pints Of Guinness Make You Strong“ wurden lautstark mitgesungen.
Für das wundervolle „Dysphoria Hoodie“ zog sich die Ausnahmekünstlerin einen Pullover über und erklärte, wie wichtig ein solcher Hoodie für sie ist, da sie sich ab und zu vor der Welt verstecken muss. Gleich zwei Songs spielte sie mit der Kapuze tief ins Gesicht gezogen, bevor es selbst der gestandenen Floridaerin so zu heiss wurde. Die Show war abwechslungsreich und unterhaltsam, es wechselten sich ruhige, country-eske Songs brav mit lauten Punkrocksmashern ab. Nach etwas über einer Stunde waren ohne viel Bewegung alle durchgeschwitzt. Mit dem lustigerweise durch die K-Pop-Band BTS inspirierten „All Fucked Out“ und der wichtigsten Trans-Hymne aller Zeiten, „True Trans Soul Rebel“, wurde fulminant das Ende erreicht.
Es gibt nicht viele Künstler:innen, die eine spärlich gefüllte Venue nur mit einer Gitarre, einer Handvoll hervorragender Songs und unvergleichlichem Charme dermassen rocken können, wie Laura Jane Grace es an diesem Abend tat. Was für eine Show, was für eine Frau!
Setlist [Quelle: Setlist.fm]
1. Smug FuckFace
2. Apocalypse Now (& Later)
3. Unconditional Love
4. Punkrock In Basements
5. Three of Hearts
6. Walking Is Still Honest
7. The Swimming Pool Song
8. So Long, Farewell, Auf Wiedersehen, Fuck Off
9. Pints Of Guinness Make You Strong
10. Two Coffins
11. Keep Yer Wheels
12. The Mountain Song
13. Dysphoria Hoodie
14. Old Friend (Stay Alive)
15. Androgynous
16. Haunting, Haunted, Haunts
17. Reinventing Axl Rose
Zugaben
18. All Fucked Out
19. True Trans Soul Rebel
20. The Apology Song