Pure Noise Records / VÖ: 13. Mai 2022 / Progressive Rock
moontooth.org
Text: David Spring
Viele Bands versuchen, dieselbe alte Song-Formel in ein neues Gewand zu verpacken und etwas Einzigartiges entstehen zu lassen. Nur wenigen gelingt es unverkennbar zu klingen und gerne berufen wir uns auf die immergleichen, vorsintflutlichen Bands. Schliesslich gibt es neue Formationen, die gängige Rezepte gehörig aufmischen. Natürlich sind Moon Tooth eine dieser speziellen Bands.
Das Quartett aus Long Island, New York veröffentlicht mit „Phototroph“ ihr drittes Album, nachdem die Pandemie Ende 2020 mit der starken Akustik-EP „Violent Grief Sessions“ überbrückt wurde. Moon Tooth erkennt man an der einzigartigen Stimme und Gesangsperformance von Frontmann John Carbone, der wie niemand sonst klingt. Auch musikalisch gibt es kaum eine andere Band, die es vermag, die melodiösen Parts so heavy und die brutalsten Riffs so schwerelos und eingängig klingen zu lassen, wie sie.
Los geht es mit „I Revere“, ein besinnliches Intro, dann ein fantastisches Riff, das sofort ins Ohr geht. „Back Burner“ stampft sich brutal und langsam aus den Kopfhörern, zumindest bis die bluesige Strophe einsetzt. Moon Tooth sind Meister darin, diese glorreichen Nackenbrechermomente mit poppigen Melodien zu verbinden. Ebenfalls bemerkenswert ist die grandiose Gitarrenarbeit von Saitenhexer Nick Lee, der von durchgeknallten, luftigen Solos (siehe „Phototroph“) bis zu den tiefsten Chugs („Alpha Howl“) alles draufhat.
Da Moon Tooth es trotz all der musikalischen Fähigkeiten und überbordender Kreativität stets im Griff haben, ihre Songs im Rahmen zu halten und keine überlangen Prog-Monster zu schreiben, kommt niemals Langeweile auf. In jedem der elf Stücke passiert unglaublich viel, aber nie zu viel. Das unaussprechbare „Nymphaeceae“ ist rasant und nervös, „Grip On The Ridge“ wiederum liebäugelt mit Country- und Pop-Melodien und mein Favorit auf der Platte, „Carry Me Home“, bringt uns Hendrix-Vibes vermischt mit modernem Prog-Metal der Marke Moon Tooth.
„Phototroph“ ist grossartig. Moon Tooth schafften es erneut, einzigartig zu klingen und auf höchstem Niveau abzuliefern. Gerade für eine Prog-Band ist das eine beachtliche Leistung. Es müssen nicht immer die alten Meister sein, die Zeit ist mehr als reif, um das Podest mal wieder zu räumen und Platz für Neues zu schaffen. Moon Tooth dürfen das Treppchen verdientermassen bis ganz nach oben raufklettern.