Vendetta Records / VÖ: 13. Mai 2022 / Black Metal
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Text: David Spring
Wisst ihr noch, wie’s früher war? Als auf der Erde noch Riesen, Nephilim und allerlei gottlose Kreaturen kreuchten und fleuchten? Damals war die Welt noch in Ordnung. Wie so oft kam der Mensch dazu und machte alles zunichte. Adam und Eva dachten herzlich wenig über ihre eigene Zukunft nach, und alles was auf das Dilemma der beiden folgte, vermochte niemanden mehr zu überzeugen.
Als nächstes betraten Cain und Abel, die Nachfahren des Apfel-fixierten Pärchens, die Bühne. Ihr Leben nahm bekanntlich keinen Lauf, mit dem man heute eine Postkarte beschreiben würde. Irgendwann tauchte in diesem Sammelsurium an bizarren Gestalten ein gutmütiger Herr namens Noah auf, der sogleich im Auftrag Gottes zusammen mit Emma Watson ein stattliches Boot baute und so mit einem kleinen Zoo der kompletten Vernichtung der Welt entkam.
So weit, so gut. Warum lesen wir das? Die Zeitspanne von der Entstehung der Erde bis hin zur zugegebenermassen etwas überstürzten Zerstörung ebenjener, nennt man im Englischen „antediluvian“ – zumindest tut man das, wenn man das Studium mit Latein verschwendet hat oder als Black Metal-Band ein neues Album schreibt. Dieses auf der Zunge zergehende Wort bedeutet auf Deutsch nichts anderes als „vorsintflutlich“. Das vorzügliche Black Metal Duo Ante-Inferno aus Yorkshire, dem teuflischsten aller Orte, baute hierauf ihr aktuelles Album auf: „Antediluvian Dreamscapes“.
Wie man sich hoffentlich vorstellen kann, bietet das Album massig boshafte Atmosphäre, teuflische Schreie und schlicht abgrundtief böse Musik. Ante-Inferno sind zwei Herren, Kai Beanland und Gary Stephenson, und zusammen beschwören die beiden dämonische Sound-Kollagen hervor. Die Produktion kling adäquat, als ob die Songs mit antediluvischem Equipment aufgenommen wurden, was für beängstigende Stimmung und das Gütesiegel „Trve Kvlt“ sorgt. Die Platte bleibt zum Glück jederzeit hörbar.
Die Blastbeats sind allgegenwärtig, die Stimme von Beanland klingt, als ob er das gesamte Leid sämtlicher Bibelfiguren in sich vereint, und die Songstrukturen sind episch und voller Abwechslung. Wer dem Black Metal positiv gegenüber steht, wird die helle Freude an diesen 40 Minuten Anschlag auf die Sinne haben. Ante-Inferno hauchen dem Genre frischen Wind ein und liefern einen faszinierenden Abstecher in die Welt vor unserer Zeit. „Antediluvian Dreamscapes“ ist ein spektakuläres Erlebnis für alle, die sich darauf einlassen.