Komplex 457 – Zürich
Mittwoch, 23. März 2022
Text: Cornelia Hüsser / Bilder: Manuela Haltiner
Sie können es zum Glück nicht lassen: nach der Jubiläumstour zu ihrem Debütalbum «Industrial Silence» im Jahr 2019 sind Madrugada wieder angefixt. «Ich habe mich noch nie so wohl auf der Bühne gefühlt. Der Kick, vor diesem Publikum zu spielen, war unvergleichlich», so Sänger Sivert Høyem. Die Gefühle werden wiedererweckt: genau drei Jahre später und mit dem neuen Album «Chimes At Midnight» im Gepäck.
Unter dessen Zeichen steht auch der Konzertabend in Zürich. «Nobody Loves You Like I Do», leidet Høyem gleich zu Beginn ins Mikrofon, dass es unter die Haut geht; ein Opener, der nicht nur auf der Platte, sondern auch live perfekt funktioniert. Im weiteren Verlauf wird allerdings die fehlende Vielschichtigkeit der neuen Songs spürbar. Sie sind grösstenteils das, was man «solide» nennen würde – sie sind gut, bringen aber niemanden zum Ausrasten. Das macht sich immer dann bemerkbar, wenn Hits wie «Black Mambo», «Look Away Lucifer» oder das an diesem Abend dem kürzlich verstorbenen Mark Lanegan gewidmeten «Only When You’re Gone» dazwischenfunken. Dann kommt Bewegung ins Publikum, es wird laut, intensiv und emotional. Auch an diesen Momenten wird zum Glück nicht gespart – die Energie und Leidenschaft der Norweger auf der Bühne ist immer deutlich zu spüren.
Rein showtechnisch geben sich Madrugada wie immer zurückhaltend. Die Songs werden von stimmungsvollen Visuals begleitet, einzige Spielerei ist Høyems Taschenlampe, die in den dunklen Saal leuchtet und das Publikum mit einer Kamera auf das Backdrop projiziert. Mehr würde auch gar nicht zu ihnen passen, der Bombast entfaltet sich in der Musik. Madrugada lässt sich sowieso am besten mit geschlossenen Augen geniessen.
Die ebenfalls aus dem hohen Norden angereisten Darling West erfüllten den Saal zuvor mit ihrem «Cosmic Folk» – einem zuckersüssen Gemisch aus Pop, Folk, Country und einer kleinen Prise Blues. Herzschmerzmusik zum Einschunkeln, gespickt mit Anekdoten der Sängerin Mari Kreken. Und wäre Coachella in Norwegen, wären sie die Trendsetter.