Band: Hysterese
Album: Hysterese
Genre: Punkrock
Label: This Charming Man Records
VÖ: 25. Juni 2021
Webseite: hysteresepunk.blogspot.com
Punkrock darf bekanntlich alles. Und doch gibt es kaum ein Genre, welches so viele selbstauferlegte Regeln und Einschränkungen zu haben scheint, wie der Punk. Die Diskussionen, was denn alles Punk ist und was nicht, existiert seit 50 Jahren. Und dann taucht plötzlich eine Band wie Hysterese auf, die sich so offensichtlich um keine dieser Regeln schert, dass es den Glauben an die Einzigartigkeit des Punkrocks wieder aufleben lässt.
Das vierte Album von Hysterese ist wie die drei Vorgängerwerke schlicht selbstbetitelt, die Einflüsse des Quartetts stammen eher aus der düsteren Ecke des Punks. Zwar werden in der Bandbio öfters die Descendents erwähnt, aber von deren frisch-fröhlichem Zweiminutenpunk ist nicht viel zu spüren. Vielmehr fühlt man sich alsbald in der Zeit zurückversetzt, die grossen Moll-Akkorde, der Mid-Tempo-Beat und der fantastische, zweistimmige Gesang erinnern an Grössen wie Blondie und Billy Idol.
Der Opener „Burning“ ist geprägt von wiederholenden Textzeilen und dieser wunderschön düsteren Atmosphäre, in der man sich aufgehoben und geborgen fühlt. Wie in einem guten, kitschigen Horror-Film aus den Neunzigern begibt man sich in diese angenehme Zwischenwelt aus freudigem Unbehagen und nostalgischer Reminiszenz. Das folgende „Call Of The Void“ ist etwas rasanter und haltloser, dafür noch eingängiger. Die beiden Songs formen einen genialen Einstieg in das Album, man wird sofort gepackt.
Das auffälligste Markenzeichen von Hysterese ist der, zwischen Sängerin Helen und Gitarrist Moritz abwechselnde Lead-Gesang. Die beiden Stimmen ergänzen einander wundervoll und fügen dem Sound etwas Einzigartiges hinzu. Ein gutes Beispiel ist das vorzügliche „Meltdown“, in welchem die beiden komplett voneinander getrennte Gesangsparts und Texte singen, wobei sich Moritz den tiefen, rauen Registern bedient und Helen melodiös in die Höhen steigt. Selten hab ich solch interessante Lead-Vocals gehört.
Die vier bleiben in den 35 Minuten Spielzeit ihrem Stil treu und weichen davon selten ab. Die Songs und vor allem die Atmosphäre funktionieren dermassen gut, dass man nicht umhinkommt, sich zu verlieben. Das Album ist nostalgisch und gleichzeitig modern, so kitschig wie authentisch. Hysterese bringen ihre eigene Interpretation des Punks an den Tisch, nur um sich umgehend von diesem wieder abzuwenden und abermals in ihrer eigenen, mysteriösen Ecke zu verschwinden. Punkrock braucht keine Regeln, Punkrock muss dich packen und nicht mehr loslassen. Und genau das haben Hysterese mit Album Nummer vier eindrucksvoll geschafft.
Tracklist:
1. Burning
2. Call Of The Void
3. Heartbeat
4. Meltdown
5. We’re All The Same
6. Cipher
7. The Hunter
8. Lock & Key
9. Sumer
10. Dead Dog
Bandmitglieder:
Helen Runge – Gesang und Gitarre
Moritz Kehle – Gitarre und Gesang
Jana Roszas – Bass
Kai Hirt – Schlagzeug
Gründung:
2009
Text: David Spring