Band: The Hirsch Effekt
Album: Gregær
Genre: Prog Metal / Mathcore
Label: Long Branch Records
VÖ: 26. März 2021
Webseite: thehirscheffekt.de
The Hirsch Effekt machen deutschsprachige Musik, die irgendwo zwischen Mathcore und Prog Metal liegt. Dass dies keine leicht zu konsumierende Kombination ist, liegt auf der Hand, doch hat es das 2017er Album „Eskapist“ des Hannoveraner Trios bis auf Platz 21 der Deutschen Charts geschafft. Auf Ihrer neuen EP namens „Gregær“ wurden nun drei Hirsch-Songs mit neuen Arrangements und einem Orchester aufgenommen. Dazu gibt es noch das neue, titelgebendes Stück.
Los geht es mit „Natans“, der zehnminütige Track beginnt sphärisch. Die Streicher bauen sich über die sanfte Stimme von Sänger und Gitarrist Nils Wittrock auf, bis alles einer erhabenen Passage mit leichten Gitarren, viel Gefühl und massvoller Orchestrierung weicht. Es überragt ein beinahe frohgemutes Gefühl, wobei der Text ein völlig gegenteiliges Bild malt, wird die anhaltende Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer besungen. Musikalisch wird das insofern unterstrichen, dass auf einmal die Hölle losbricht. Der angenehme Gesang weicht brutalen Schreien und Growls, der Song stürmt und tobt wie die See. Melodien steigen wie die Wogen, nur um hämisch wieder sanft und beschwingt zu werden.
Keine leichte Kost ist das folgende „Domstol“, welches die Klimakrise und den Umgang gewisser Bevölkerungsschichten mit der Klimajugend und deren Repräsentant*innen pointiert und beinahe zynisch beschreibt. The Hirsch Effekt ziehen sämtliche Register, musikalisch findet der Track auf mysteriöse Weise genau die richtige Mischung aus verspielter Melodie und ultra-harter Aggressivität. Das Orchester kommt nur bedingt zum Tragen, zumal die Band bereits bei den Originalversionen auf klassische Instrumente setzt, um die chaotischen Strukturen und den musikalischen Wahnsinn zu untermalen.
„Kollaps“ schlägt in dieselbe Kerbe, wobei vor allem das verstörend dissonante Ende zu fasziniertem Kopfschütteln führt. Und der neue Song „Gregær“ reiht sich perfekt in die Riege dieser wahnwitzigen Kompositionen ein. Die unglaubliche Bandbreite und Stimmgewalt Wittrocks steht im Zentrum und verschafft uns eine Art roten Faden durch die Soundkollagen. Die Songs sind nie „zu progressiv“ und haben sogar gewisse Punk-Vibes. Man kann der Band stets knapp folgen, doch Easy Listening ist das mitnichten.
Nach einer halben Stunde ist Schluss. Man fühlt sich wie nach einem Marathon: gerädert, geschafft, aber auch euphorisch und voller Glücksgefühle. Wer es wagt, sich auf diese zerebrale und herausfordernde Reise zu begeben, wird von The Hirsch Effekt reich belohnt. Die „Gregær“-EP bietet den perfekten Einstieg in die Welt dieser aussergewöhnlichen Band. Für Menschen, die den Zugang zu künstlerischer Prog-Musik der härteren Art nicht immer finden, sich aber dennoch gerne von einer Band und deren Songs herausfordern lassen, denen sind The Hirsch Effekt wärmstens ans Herz gelegt.
Tracklist:
1. Natans
2. Domstol
3. Kollaps
4. Gregær
Bandmitglieder:
Nils Wittrock – Gitarre und Gesang
Ilja John Lappin – Bass und Gesang
Moritz Schmidt – Schlagzeug
Gründung:
2008
Text: David Spring