Band: 65daysofstatic
Album: replicr, 2019
Genre: Math Rock / Post-Rock
Label: Superball
VÖ: 27. September 2019
Webseite: 65daysofstatic.com
65daysofstatic waren – und sind – so vieles. Aber statisch sind sie mit Sicherheit nicht: Seit 15 Jahren schon erfindet sich die Band aus Sheffield, UK, immer wieder neu. Was damals mit dem klassischen Post- und Math-Rock-Album „The Fall of Math“ begann, machte später immer wieder Ausflüge in die artfremden Gefilde von Techno, IDM, Drone und Noise.
Wenn ihr neustes Werk „replicr, 2019“ ein Film wäre, dann wäre es sicherlich ein düsterer, melancholischer, dystopischer und – im positiven Sinne – zutiefst verstörender Streifen. Eröffnet wird es noch von wenigen zurückhaltenden, vor sich hin wabernden Klängen; schon der zweite Track „stillstellung“ reisst einen aber mit seinem treibenden Beat in den Abgrund. Die technischen, sehr fokussierten Songs werden immer wieder unterbrochen durch ungerichtete elektronische Klänge, fast mehr Geräusche als Melodien. Oder ist es gerade umgekehrt? Man hat kaum Zeit, darüber nachzudenken, das Album legt ein wahnsinniges Tempo vor. Die Maschinen lehnen sich auf; ab jetzt ist keine Versöhnung mehr möglich.
Und darum geht es auf dem Album auch: Das Jahr „2019“ im Titel sollte in die Zukunft blicken, doch die Zukunft gibt es nicht mehr. Die Zeit kann ihren Weg nach vorne nicht mehr finden, sie türmt sich über uns auf, es ist die Logik des blinden Wachstums. Wir denken Fortschritt, aber alles, was wir tun, ist stehen zu bleiben. Ohne es zu merken.
Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es dennoch, ganz in Post-Rock-Manier erst zum Schluss: „trackerplatz“ wirkt wie der Lichtstrahl nach einem Unwetter, der auf die Möglichkeit einer Zukunft hindeutet. Es ist ein schöner, vielleicht sogar optimistischer Ausblick. Aber erst, nachdem man sich durch Dunkelheit, Dreck und dröhnende Leere gekämpft hat.
Wer auf diesem Album die Epik und den Bombast vergangener 65daysofstatic-Alben erwartet, der wird von „replicr, 2019“ womöglich enttäuscht sein. Dieses Album braucht mehr Zeit als gewohnt, um sich dem Hörer zu entfalten. Dann aber wird es umso interessanter und mitreissender – gerade weil die Songs nicht dem 08/15-Post-Rock-Schema folgen, wie sie es noch auf dem Vorgänger „Wild Light“ taten. „replicr, 2019“ erzählt eine Geschichte und funktioniert nur als Ganzes. Und wenn es soweit ist, dann tut es das meisterhaft.
Tracklist:
1. pretext
2. stillstellung
3. d|| tl | | |
4. bad age
5. 05|| | 1|
6. sister
7. gr[]v-_s
8. popular beats
9. five waves
10. interference_1
11. []lid
12. z03
13. u| || | th | r| d
14. trackerplatz
Bandmitglieder:
Joe Shrewsbury – Gitarre
Paul Wolinski – Piano, Gitarre
Simon Wright – Bass
Rob Jones – Schlagzeug, Synth
Gründung:
2001
Text: Cornelia Hüsser