Date: 29. Mai – 1. Juni 2009
Place: Leipzig (D)
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Written by: Nicole
Das WGT wurde 18 Jahre alt und ist nun definitiv den Kinderschuhen entwachsen. Die Organisation war professionell und verlief reibungslos – also soweit ich das von meiner Seite aus beurteilen kann. Mit mittlerweile gut 30 Veranstaltungsorten verstreut durch ganz Leipzig, wurde dieses Jahr soviel geboten wie noch nie. Konzerte sind sicherlich immer noch der Hauptbestandteil, doch das schöne am WGT ist die Vielfalt, bei der nun wirklich keine Langeweile aufkommen kann. Im Gegenteil, die Auswahl und Tagesplanung wird immer schwieriger.
Deshalb hatte ich mir wieder den Vorsatz genommen, die Tage auf mich zukommen zu lassen und möglichst wenig zu planen und hin und her zu rennen. So gab es „nur“ zwei Fixpunkte auf meiner persönlichen Wunschliste und die habe ich ohne Probleme einhalten können. Zum einen war das am Samstag Abend im Volkspalast das Konzert der aus Lettland stammenden Vic Anselmo und zum anderen die musikalische Lesung der Letzten Instanz.
Aber erst mal der Reihe nach. Mit dem Wetter hatten wir ja wieder sehr viel Glück dieses Jahr und der prognostizierte Regen blieb aus. Und so konnte ungestört flaniert und beobachtet werden ohne störende Regenschirme oder nasse Füsse. Keine Ahnung, ob das nur meine persönliche Empfindung ist oder Tatsache. Aber mir kommt es so vor, als wenn zu Pfingsten immer mehr „Touristen“ nach Leipzig kommen würden, die auf ihrem Programm „Schwarze Schauen“ haben. So verkommt gerade die Moritzbastei am Nachmittag jeweils zu einem Platz der Schaulistigen, bei dem ich mich jeweils Frage, auf welcher Seite die Ausgestellten und auf welcher die Besucher sind – wie im Zoo. Nächstes mal verteile ich vielleicht Bananen :-).
Und zum vielleicht letzten mal auf dem Agra-Gelände wie gewohnt, die „Verschwende-Dein-Geld-Halle“, die jeden Gruftie Haushalt auf Vordermann bringt, den „Laufsteg der Eitelkeiten“ und die grosse Konzerthalle, mit der leider absolut katastrophalen Sound-Abmischung. Dies alles, obwohl eigentlich jedes Jahr das Gleiche, gehört trotzdem zum guten Ton und Pflichtprogramm jedes WGT-Besuchers. Die Agra-Halle für ein Konzert habe ich mir dennoch einmal kurz angetan und das auch nur, weil ich gerade dort war und wie schon erwähnt, ich habe dieses Jahr einfach besucht, was mir gerade über den Weg kam. Und somit also auch das Combichrist Konzert. Ok, vielleicht lag es daran, dass es einfach schweinelaut war und Combichrist sowieso hauptsächlich einfach mal koordinierten Lärm auf die Besucher loslassen, auf alle Fälle fiel die miese Ton-Qualität der Agra-Halle für einmal nicht auf und die Elektro-Fan-Gemeinde feierte ihre Götter und hatte sichtlich und hörbar Gefallen daran.
Samstag Abend ging’s dann zum erwähnten Konzert von Vic Anselmo, auf das ich schon aufs sehnlichste gewartet hatte. Erst vor kurzem trat sie in der Schweiz auf, was ich leider verpasst hatte. Deshalb unbedingt dorthin, keine Kosten gescheut und das rasende Taxi genommen, damit wir auch nicht zu spät kommen. Und es war einfach nur wunderschön. Vic’s Stimme ist eindrucksvoll und kräftig und bereitet mir immer wieder Gänsehaut. So märchenhaft verspielt wie ihr Debut-Album, so war auch der Auftritt zusammen mit ihren Musikern und Mister Teddy-Bär. Ein für mich unvergessliches Konzert und ich hoffe, das die Gute bald wieder die Schweiz bereist und wenn ich da selber was auf die Beine stellen muss :-).
Und weil der Volkspalast so schön neben dem Völkerschlachtdenkmal liegt, habe ich dieses nun das erste mal auch bei Nacht gesehen. Immer wieder imposant und eindrücklich dieses Monument aus Napoleons Zeiten.
Danach noch ein kurzer Abstecher in die Moritzbastei. Dort lief jedoch brachialer Industrial und das ging irgendwie gar nicht nach dem Konzert von vorhin. Jegliche Unterhaltung war bei der Lautstärke sowieso unmöglich, also ging dieser Abend für meine beiden Begleiter und mich etwas früher als erwartet zu Ende.
Sonntag war dann ein schöner Treffen Tag, an dem ich gute alte Freunde getroffen habe und gemütliches beisammen sein pflegte. Auch das ist WGT, einfach geniessen, sich in ein Café in der Stadt setzen und dem schwarzen Treiben zusehen.
Am Abend machte ich mich dann auf den Weg ins Cinéstar zur Lesung der „Weissen Geschichten“ der Letzten Instanz. Vorgetragen von Holly, dem Sänger und begleitet von Benni auf seinem Cello inklusive Gast-Saxophonist. Das Buch „Weisse Geschichten“ entstand aus der Idee eines Forumsbeitrages, in dem die Fangemeinde der Letzten Instanz dazu aufgerufen wurde, ihre eigenen lyrischen Ergüsse einzureichen. Von einer Flut an kreativem Material überschwemmt, haben die Letzte Instanz beschlossen, dass diese Werke es Wert seien, in ein Buch gebunden und an die Öffentlichkeit gebracht zu werden. So entstanden diese „Weissen Geschichten“, die nun mit musikalischen Einlagen vorgelesen wurden. Eindrückliche, meist düstere und schmerzvolle Geschichte, herrlich und doch mit Humor von Holly vorgetragen.
Montag lachte die Sonne dann in vollen Zügen und ein Besuch in der Parkbühne war unumgänglich. Umrahmt von Hare-Krishna-Sprechgesängen lag es sich einfach wieder gemütlich auf der Wiese. Doch nix mit faulem rumgammeln, eine tolle Band nach der anderen Stand ja bereits auf dem Programm. Mit Die So Fluid krachte Frauenpower pur von der Parkbühne, gefolgt von den Szene-Urgesteinen The Eternal Afflict und den einfach mitreissenden Inkubus Sukkubus.
Und so ging dann der Nachmittag und Abend einfach viel zu schnell rum und somit auch das WGT für mich dieses Jahr. Denn viertel vor Elf fuhr bereits wieder unser Zug gen Schweizer Ländle und brachte den Alltag zurück. Rückblickend ein herrliches und erlebnisreiches Treffen, das nach einem Wiedersehen im nächsten Jahr schreit. Bis dahin wünsche ich allen einen tollen Festival-Sommer.