10. Mai 2019
Werk21 – Zürich
Bands: Yndi Halda / Staghorn
Dieser Abend war einer der Momente, in denen das Konstrukt, welches ich mir während des Konzertes im Kopf zurechtlegte, am Ende unter der eigenen Last zusammenbrach. Denn was sich zuerst wie die perfekte Show beider Auslegungsarten von Post-Rock anfühlte, das wurde am Ende höchst emotional und einfach nur mitreissend. Yndi Halda, ihr habt mich mehr als überzeugt, ich kann euch gar nicht mehr als die „Bösen“ hinstellen.
Anfänglich war es für mich noch klar, an diesem Abend werden Staghorn aus Amerika als Gewinner meines Herzens aus dem Werk21 im Dynamo Zürich abreisen. Das Trio führte bekannte Elemente wie langsame, instrumental gespielte Songpassagen und wirkungsvoll eingebaute Sprachsamples nicht nur auf ein neues Level, sie vermengten Bass, Gitarre und Schlagzeug mit dem indischen Harmonium und Klangschalen. Das verlieht den Liedern ihrer EPs eine besondere Note, das liess alles mystischer wirken – auch dank den Räucherstäbchen, welche inmitten der Bühne glühten.
Und dann der Krawall, die Urwut – der Gitarrist warf sich in Riffs zwischen wildem Metal und gefährlichen Noiserückkopplungen. Die Taktarten wurden ohne Vorwarnung gewechselt, der Bass liess aus allen Utopien Ruinen werden. Staghorn spannten den Bogen zurück in eine Zeit, in der Post-Rock noch kein Genre war, sondern die Möglichkeit, Rockmusik bis zum unaushaltbaren Extrem zu verändern. Ohne Gnade, aber nicht ohne Erholung – mit einem durchgängigen Spiel, das den gesamten Auftritt umfasste und dem schwarzen Strich auf den Gesichtern der Band Kontrast verlieh.
Und dann eben der Paradigmenwechsel, die Umstellung zu Yndi Halda. Mit ihrem ersten Konzert in der Schweiz, und das nach 18 Jahren Bestand, zeigten sich die Musiker aus England von der Seite, welche heutzutage für Post-Rock steht. Elegische Melodien, das geschickte Spiel mit der Lautstärke, gemeinsame Harmonien von Gitarren und Geige. Wer sein neustes Album „A Sun-Coloured Shaker“ nennt, der weiss aber sehr wohl, wie der Standard zu umschiffen ist. Mit Gesängen, langen Songs und einem wahrlich festen und satten Klang.
Ob das nun an EF oder Explosions In The Sky erinnerte, Yndi Halda berührten die zahlreichen Besucherinnen und Besuchern, welche sich im Keller des Dynamos eingefunden hatten. Strahlende Gesichter auch bei der Organisation, dieser Konzertabend war ein voller Erfolg. Und wer sich bis zu diesem Punkt noch keine Meinung bilden konnte, der wurde durch den Konzertabschluss der Künstler inmitten der Anwesenden gefühlvoll überzeugt. Die Band verliess sich auf ihre Xylophon-Stäbe und transportierte den Freitagabend endgültig in die schwindelnden Höhen.
Post-Rock wie in den frühen Neunzigern, oder Post-Rock als klar definiertes Genre – beides kann glücklich machen, überraschen und begeistert. Das Team des bergmal Festivals hat es mit diesem Konzertabend wieder einmal bewiesen.
Text: Michael Bohli